VON CLAUDIA RICHTER, Presse

Er ist ein altbewährtes Hausmittel gegen Husten, hilft bei der Fettverbrennung, kräftigt das Immunsystem, wirkt verjüngend auf den Gehirn- und Nervenstoffwechsel und hemmt Entzündung sowie Schmerzen. „Der Thymian schenkt uns einen unvorstellbaren Reichtum an Aroma, Geschmacksstoffen und therapeutisch nutzbaren Molekülen“, schreibt Klaus Oberbeil in dem Buch „Kräuter & Gewürze als Medizin. Gesund und schlank mit Vitalkräften aus der Apotheke der Natur. Krankheiten und Beschwerden auf natürliche Weise vorbeugen“ (Systemed Verlag, 240 Seiten, 20,60 €).
Auch „Der große Kräuterführer“ aus dem Bassermann Verlag (256 Seiten, 10,30 €) widmet diesem Kraut und seinen vielen Sorten entsprechend Raum. Jekka McVicar informiert unter anderem auch darüber, dass das ätherische Öl des Krauts zur Herstellung von Zahnpasten und Mundwasser verwendet wird und einige Tropfen des Öls im Badewasser rheumatische Schmerzen lindern.
Ob seiner Vielfalt – es gibt rund 215 Species – und seiner vielfachen Wirkungsweise, die sich Menschen seit Jahrtausenden zunutze machen, wurde Thymian von Vaga, der österreichischen Vereinigung für Aromapflege und gewerbliche Aromapraktiker, zur Duftpflanze des Jahres 2013 auserkoren. „Wir haben diesen Lippenblütler auch deswegen gewählt, weil er bei uns heimisch und wissenschaftlich sehr gut erforscht ist“, berichtet Vaga-Vorsitzende Ingrid Karner.
So wurde in zahlreichen Studien – unter anderem auch an der Universität Graz  – nachgewiesen, dass die ätherischen Öle des Thymians antibakteriell, antiviral und antifungizid, also pilzabwehrend, wirken. „Man kann diese Öle daher zur Raumbeduftung verwenden. Die in der Luft zirkulierenden Moleküle können dann Bakterien oder Viren schwächen oder beseitigen“, erwähnt Karner. „Das wird pflegerisch auf einigen Krankenhausstationen eingesetzt.“
Karner persönlich bereitet in Grippezeiten oder für Verwandte, die ins Spital müssen, immer ein Deo aus einer Mischung aus Thymian-Öl und Hydrolaten oder Alkohol vor, um so das Risiko einer Ansteckung mit Grippe oder die Gefahr eines Krankenhausinfekts zu reduzieren. „Das ist in der wissenschaftlichen Theorie nicht nachgewiesen, aber in der gelebten Praxis hundertfach erprobt.“
Ganz wissenschaftlich ging es der deutsche Chemiker Erich Schmidt an: Er und Kollegen analysierten in ihrer wissenschaftlichen Arbeit die chemische Zusammensetzung der vier Chemotypen von Thymian vulgaris und prüften ihrer antibakteriellen Eigenschaften. „Die höchste Aktivität zeigte der Chemotyp Thymol, der kann es hinsichtlich Wirkstärke mit etlichen künstlich hergestellten Antibiotika aufnehmen“, erwähnt Wolfgang Steflitsch, Lungenfacharzt und Präsident der österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliche Aromatherapie und Aromapflege. Auf der 2. Wintertagung dieser Gesellschaft am 26. Jänner (Näheres siehe unter Thymian auf der Wintertagung der Aroma-Experten) wird Steflitsch über die Duftpflanze des Jahres 2013 und ihre Bedeutung für die medizinische Aromatherapie referieren. „Das Thymol des Thymians ist überhaupt eine der stärksten pflanzlichen Antibiotika“, betont der Fachmann. Sehr wirksam, aber es kann auch die Schleimhäute reizen. Sanfter sind da die Chemotypen Linalool (der mildeste) oder Tujanol (eine Zwischenstärke).
Relativ unbekannt, so Fachmann Steflitsch, seien die psychischen Wirkungen des Thymians. „Seine Öle können die Stimmung aufhellen, wirken ausgleichend und konzentrationsfördernd.“ Derlei könne man mit Duftlampen oder Inhalationen erreichen.
Auch Petra Zizenbacher, Allgemeinmedizinerin und Notärztin in Wien schätzt dieses unscheinbare Pflänzchen. „Thymian hat sich unter vielem anderem bei Entzündungen der Atemwege sehr bewährt. Ein Tee oder eine Inhalation hilft also gegen Husten, Schnupfen und Heiserkeit.“ Bei Scheidenentzündungen seien Scheidenspülungen oder Sitzbäder angebracht und bei entzündlicher Akne Waschungen mit Thymian-Aufguss. Auch Zahnfleischentzündungen ließen sich bessern, wenn mit Thymiantee oder -Aufguss gegurgelt wird. „Und wer zu Entzündungen im Magen-Darm-Trakt neigt, soll reichlich mit Thymian würzen. Erstens, weil er entzündungshemmend wirkt und weil er zweitens Speisen verträglicher macht“, empfiehlt die Ärztin und rät, Thymian entweder selbst anzubauen oder in einem Bioladen oder in der Apotheke zu kaufen. „Der Thymian aus dem Supermarkt hat nicht immer entsprechende Qualität.“
Die Liste des therapeutischen Einsatzes von Thymian ließe sich lange fortsetzen. In dem Buch „Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis“ (Verlag Stadelmann, das im Februar auf den Markt kommt), sind unter „Indikationen des ätherischen Öls von Thymian vulgaris“ unter vielem anderem Angstzustände, Bronchitis, Durchblutungsstörungen, Fußpilz, Insektenstiche, Konzentrationsstörungen und Stress angeführt.
Ebenso mannigfaltig ist die Palette der möglichen Ideen zu einem Wettbewerb rund um Thymian (www.thescenteddrop.eu). Karner: „Bei diesem Projekt können Künstler genauso mitmachen wie Wissenschaftler, da kann man ein tolles Rezept mit Thymian genauso einschicken wie ein Rezept für eine besonders gute Salbe, ein Bild mit Thymian oder einen Song rund um die Duftpflanze des Jahres 2013.“ Warum schließlich soll so ein Tausendsassa unter den heimischen Kräutern nicht auch besungen werden?