Warum macht so viele Menschen Essen krank?

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Wir leben in einer paradoxen Zeit. Einerseits können wir jederzeit alles kaufen, zumindest in den meisten Städten Mitteleuropas und Amerikas, andererseits macht der Überfluss viele Menschen krank. In meiner nun schon 12 jährigen Tätigkeit als Allgemeinmedizinerin, in der ich ausschließlich Naturheilkunde anwende, sehe ich diese Entwicklung mit Besorgnis und großem Interesse gleichzeitig. Wir leben in einer Zeit in der sich einerseits die Großfamilien fast gänzlich aufgelöst haben, andererseits die so genannte Nesthocker- Generation Schwierigkeiten hat, Eigenständigkeit zu entwickeln. Mir scheint, ein Schlüsselproblem ist, dass immer mehr Frauen einer Berufstätigkeit nachgehen und das Zentrum der Familie, der Herd, auskühlt. Ich möchte nun nicht missverstanden werden. Erstens bin ich selbst weiblichen Geschlechts, habe selbst Familie und kenne das Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Berufstätigkeit und dem Bedürfnis den Herd warm zu halten.
Das Feuer ist in vielen Herden ausgegangen. (Foto von verlöschendem Feuer)Mir gefällt die Metapher sehr gut, zeigt sie doch auf vielen Ebenen, was das Herdfeuer bedeutet. Einerseits ist es notwendig immer wieder Holz oder anderes Brennmaterial nachzulegen, damit das Herdfeuer nicht ausgeht. (Foto: Feuer mit frischen Holz)Das setzt voraus, dass es jemanden gibt der Brennmaterial heranschafft und es jemanden gibt, der Zeit und Aufmerksamkeit im nötigen Maße aufbringt das Brennmaterial den Flammen zu überantworten.
Weiters bedeutet es, dass immer jemand da sein sollte, der das Herdfeuer hütet. Wenn nun das Herdfeuer warm ist, ist dies ein einladender Platz. Gerne schart man sich um das Herdfeuer, weil es warm ist und ein warmer Herd eine Mahlzeit in Aussicht stellt. Noch vor etlichen Jahrzehnten war die Küche der größte und zumeist auch der einzige Raum der beheizt wurde. Notgedrungen spielte sich das gesamte gesellschaftliche Leben in der Wohnküche ab. Dort wurde gekocht, gegessen, gehandarbeitet, gewerkt, musiziert, Aufgabe gemacht, diskutiert, gestritten, wieder versöhnt, gesessen, gegessen, empfangen, gelebt. (Foto von gemütlicher Runde, von uns leider nicht beigestellt)
In den letzten Jahrzehnten ist die Küche ein immer kleinerer Ort geworden. In vielen modernen Küchen ist nur mehr Platz für einen Mikrowellenherd, eine Gefriertruhe und einen Geschirrspühler. Für einen großen Tisch, der Familie und Gäste zum Verweilen einlädt, hat keinen Platz. Familien existieren kaum mehr. Um Gäste zu empfangen hat man keine Zeit. Wenn man nun heranwachsende Jugendliche betrachtet, merkt man, dass sich etwas Wesentliches verändert hat. Viele von Ihnen, geschätzte Leser, haben es noch erlebt, dass eine Mutter, oder eine Großmutter oder vielleicht auch ein Großvater den symbolischen Herdplatz warm gehalten haben, für eine warme Mahlzeit gesorgt haben. Die anderen Räumlichkeiten brauchten gar nicht warm sein, man kann sich ja Socken anziehen oder eine Wärmeflasche mit ins Bett nehmen, aber beim Essen hatte und hat man es einfach gerne warm. Ist kein warmer Ess- und Kochplatz vorhanden, dann schwindet das Interesse zu gemeinsamen Aktivitäten. Viele Jugendliche, auch schon in den 70er Jahren, waren so genannte „Schlüsselkinder“. Sie haben eine Zeit des Heranwachsens erlebt, ohne warmen Herd.
Was sind die Folgen? Eine Auswirkung ist, dass man kein Heimatgefühl entwickeln kann und das Gefühl hat, dass niemand für einen da ist. Ganz im Gegenteil, Kinder fühlen sich als Belastung. Eine weitere Folge ist, dass sowohl die Essenszubereitung, als auch die Essensaufnahme ausgelagert werden. Mangel an Zeit führt dazu, dass man entweder Essen kauft, oder das Essen auswärts an einem fremden Herd oder in fremden Räumen unter mehr oder weniger gemütlichen Umständen verzehrt. Heute haben wir die Situation, dass fast alle Kindergärten ausschließlich über Tiefkühlkost versorgt werden, welche mit der Mikrowelle aufgewärmt wird. Es gibt mittlerweile Studien darüber, dass tiefgefrorene Kost, die duch Mikrowellen aufgewärmt wurde, so gut wie keine Mineral- und Vitalstoffe enthält. Diese Kost ist bestenfalls ein Magenfüller der zumindest eine emotionale Sättigung erzielt, da das gemeinsame Verzehrerlebnis bleibt. Viele Schulkinder missen sogar diese minderwertige Abspeisung, sondern sind auf mehr oder weniger liebevoll zubereitete Jausen angewiesen. Im besten Fall richten Vater oder Mutter eine Jausentasche, im schlechtesten Fall werden ein paar Euro in Kinderhändchen gedrückt. Den Schutzbedürftigen bleibt es überlassen wie sie diese Euro in essbare Ware umsetzten.
Der Vernunft des Kindes bleibt es anheimgestellt Euros in Apfel beziehungsweise Karotte oder Leberkäsesemmeln, Schnecken oder Gummizeug zu tauschen. Kommen die Eltern nach getaner Arbeit nach Hause müssen sie erst den Herd anfeuern. Sehr oft ist das Herdfeuer nicht einmal eine Gasflamme, sondern ein Mikrowellenofen, dem das Erwärmen oder die Endfertigung von halbfertig gekauften Tiefkühlspeisen anvertraut wird. Manches mal müssen die Jugendlichen sogar diese Mahlzeiten alleine einnehmen. In seltenen Fällen wird das nährwertreduzierte Mahl im Familienkreis verspeist.
Wir erleben momentan, dass die jungen Menschen übergewichtig, depressiv, unentschlossen sind. Für mich liegt der Zusammenhang zwischen degenerierten Essensgewohnheiten und zunehmenden Stoffwechselerkrankungen auf der Hand. Es ist die größte Herausforderung der jetzigen Zeit diesen schon vorhandenen Faktoren eine Gegenbewegung entgegenzusetzen. Vorerst bleibt mir nur diese Fakten aufzuzeigen. Wir alle, die Gesellschaft, diese Entwicklung erkennen und gegensteuern. Ein Vorschlag ist, dass vom Kindergarten an, Kinder in Gesundheitserziehung geschult werden. Das heißt die Essensversorgung muss einen viel höheren Stellenwert einnehmen. Über die Ernährung der Kinder werden die Eltern mitgeschult. Es wäre wünschenswert wenn auch die öffentliche Hand diese Bemühungen erkennen und unterstützen würde (in vielen privaten Kindergartengruppen ist es dem Einsatz der Eltern zu verdanken, dass die Kinder gut ernährt werden, leider ist dies oft eine Ausnahme). In den schulischen Institutionen sollte der Stundenplan entrümpelt werden und sportliche Aktivitäten und Gesundheitserziehung oder auch gemeinsames Kochen mit frischen Produkten einen wichtigen Stellenwert im Lehrplan haben. Nur Kinder die von klein auf geschult sind haben die Möglichkeit dieses Wissen in ihr Erwachsenenleben zu tragen. Dieses Wissen bekommen sie von den Eltern meist nicht mehr vermittelt. Weiters sollten Kinder und Jugendliche im Umgang mit heimischen Heilpflanzen geschult werden, sodass sie wissen zu welcher Zeit welche Pflanzen, aber auch Gemüse- und Obstsorten im jeweiligen Heimatland verfügbar sind. Viele Kinder haben keine Ahnung, dass zum Beispiel Orangen andere Klimabedingungen brauchen, als sie bei uns in Österreich gegeben sind. Es ist eine Tatsache, dass die Heilpflanze die uns gesund erhält am eigenen Grund, im eigenen Land wächst.
Diese altbekannten Fakten sollten wieder mit neuem Leben erfüllt werden, sodass auch die künftige Generation diese wunderschöne Erde, diesen herrlichen Planeten genießen und wertschätzen kann.